Geschäftsordnung Integrationsbeirat

Geschäftsordnung für den Integrationsbeirat der Stadt Friedrichsafen

22.10.2019

Präambel

Friedrichshafen versteht sich als eine weltoffene Stadt und erkennt die sozialen, kulturellen und ökonomischen Potenziale und Leistungen der in der Stadt lebenden Menschen mit Migrationshintergrund an.

Der Integrationsbeirat strebt die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund am sozialen, kulturellen und politischen Leben an und tritt gegen jegliche Art von Ausgrenzung, Diskriminierung und Rassismus ein.

Der Integrationsbeirat versteht sich zum einen als Mittler zwischen Zielgruppe und Gemeinderat bzw. Stadtverwaltung, zum anderen vertritt er die Belange der Einwohner1 mit Migrationshintergrund und bringt deren Interessen, Bedürfnisse und Erfahrungen in den kommunalen Entscheidungsprozess ein. Damit hat er beratenden Charakter für den jeweiligen zuständigen Ausschuss des Gemeinderats, insbesondere für den Kultur- und Sozialausschuss.

Der Integrationsbeirat arbeitet unabhängig und ist parteipolitisch sowie konfessionell neutral.

1 Im Sinne der geschlechtergerechten Formulierung werden in diesem Text abwechselnd die weibliche und die männliche Form benutzt.

  1. Allgemeine Bestimmungen
    1. Aufgaben und Inhalte
      Der Integrationsbeirat berät über alle integrationspolitisch relevanten Fragestellungen und übermittelt Anregungen, Empfehlungen und Stellungnahmen an den jeweils zuständigen Ausschuss des Gemeinderats.
      Verhandlungsgegenstände, die als integrationspolitisch relevant eingestuft werden, werden im Integrationsbeirat vorberaten, bevor sie für die Tagesordnung der zuständigen Ausschüsse oder des Gemeinderats vorgeschlagen werden.
      Der Integrationsbeirat berät die ihm zur Vorberatung übertragenen Verhandlungsgegenstände und entscheidet darüber. Diese Entscheidung wird als Votum an den zuständigen Ausschuss gegeben. Dieses Votum wird vom Gemeinderat und seinen Ausschüssen beraten und eine Entscheidung dazu herbeigeführt. Bei Beschlüssen entgegen des Votums des Integrationsbeirates werden diese transparent kommuniziert.
      Ebenso greift der Beirat eigeninitiativ aktuelle Themen aus den Bereichen Integration und Migration auf.
      Der Integrationsbeirat kann insbesondere in die Entscheidung über die Aufnahme von Migranten- und interkulturellen Vereinen in die städtische Kulturvereinsförderung bzw. deren Ausschluss aus der Förderung sowie über die Gewährung von Zuschüssen für Projekte, Angebote und Maßnahmen im Bereich Integration einbezogen werden.
      Der Integrationsbeirat begleitet die Umsetzung des Integrationsplans des Bodenseekreises für die Stadt Friedrichshafen.
    2. Finanzen
      Dem Integrationsbeirat sind angemessene finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Über den Umfang entscheidet der Gemeinderat im Rahmen des Haushaltsplans. Die Mittelbewirtschaftung erfolgt über das Amt für Soziales, Familie und Jugend.
    3. Zusammensetzung
      Der Integrationsbeirat setzt sich zusammen aus Vertretern von Fraktionen, Verwaltung und in der Integrationsarbeit aktiven Trägern sowie dem geschäftsführenden Schulleiter und sachkundigen Einwohnern mit Migrationshintergrund.
      Der Leiter des Amtes für Soziales, Familie und Jugend hat den Vorsitz und ist stimmberechtigtes Mitglied. Bei Verhinderung übernimmt der städtische Integrationsbeauftragte den Vorsitz.
      Die Anzahl der Vertreterinnen der Fraktionen wird im Zuge der Neukonstituierung des Gemeinderats nach der Kommunalwahl vom Ältestenrat festgelegt. Das städtische Jugendparlament entsendet zwei Vertreter.
      Folgende in der Integrationsarbeit aktiven Träger haben jeweils einen Sitz:
      - Caritas Bodensee-Oberschwaben
      - Christliches Jugenddorfwerk (CJD) Bodensee-Oberschwaben
      - Diakonisches Werk des Evangelischen Kirchenbezirks Ravensburg
      - Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Bodenseekreis
      - Johanniter-Unfall-Hilfe Bodenseekreis
      - Volkshochschule Stadt Friedrichshafen

      Die Zahl der Sitze für sachkundige Einwohnerinnen mit Migrationshintergrund beträgt laut Gemeinderatsbeschluss vom 21.10.2019 acht.
      Der Beirat kann je nach Handlungsfeld und Thema weitere Akteure zur Beratung hinzuziehen, z. B.:
      - Arbeit: Agentur für Arbeit/Jobcenter
      - Sport/Kultur: Stadtsportverband/Kulturbüro
      - Bildung: Zeppelin-Universität/Duale Hochschule Baden-Württemberg/Kindertagesstätten-Abteilung des Amts für Bildung und Betreuung und Sport
      -Gesundheit: Gesundheitsamt/andere Träger des Gesundheitswesens
      - Extremismusprävention: Koordinierungs- und Fachstelle von „Demokratie leben“/Polizei, Antidiskriminierungsstelle

    4. Besetzungsverfahren
      Die Vertreter der Fraktionen, des Jugendparlaments und die Vertreterinnen der in der Integrationsarbeit aktiven Träger werden von diesen benannt.
      Die sachkundigen Einwohner mit Migrationshintergrund werden von einer Jury, bestehend aus der Leiterin des Amtes für Soziales, Familie und Jugend, der städtischen Integrationsbeauftragten und einem langjährigen ehemaligen Mitglied des Integrationsbeirats oder einer seiner Vorgänger-Gremien ausgewählt und vom Gemeinderat in den Integrationsbeirat berufen.
      Die Möglichkeit sich für den Integrationsbeirat zu bewerben, wird öffentlich bekannt gemacht. Die Bewerber reichen beim städtischen Integrationsbeauftragten ein Profil ein und stellen sich persönlich o. g. Jury vor.
      Die Bewerberinnen müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:
      - Migrationshintergrund nach Art. 1 § 4 Abs. 1 Partizipations- und Integrationsgesetz Baden-Württemberg (Alle zugewanderten und nicht zugewanderten Ausländerinnen oder Ausländer, alle nach 1955 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Deutschen und alle Deutschen mit zumindest einem nach 1955 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Elternteil.)
      - Hauptwohnsitz in Friedrichshafen
      - Vollendung des 18. Lebensjahres
      - gute mündliche und schriftliche Kenntnisse der deutschen Sprache
      Des Weiteren werden folgende Kriterien berücksichtigt:
      - Akzeptanz innerhalb der community
      - Erfahrungen bzgl. der Zusammenarbeit in der Vergangenheit
      - Mitgliedschaft in Vereinen/bisheriges Engagement
      Eine heterogene und ausgewogene Zusammensetzung der Mitglieder mit Migrationshintergrund hinsichtlich ihres Alters, Geschlechts, ihrer Herkunft und ihren Interessensschwerpunkten wird angestrebt.
      Die Auswahljury stellt dem Gemeinderat eine Gesamtliste der vorgeschlagenen Bewerber zur Beschlussfassung vor.

    5. Vertretungsregelung
      Die Fraktionen und die in der Integrationsarbeit aktiven Träger haben die Möglichkeit, Stellvertreter zu benennen.
      Die Mitglieder mit Migrationshintergrund werden bei Nichtteilnahme an den Sitzungen des Integrationsbeirats nicht vertreten.

    6. Ausscheiden aus dem Integrationsbeirat und Nachrückverfahren
      Die Vertreterinnen der Fraktionen scheiden aus, wenn sie aus dem Gemeinderat ausscheiden. Die Nachrücker werden von den Fraktionen benannt.
      Die Vertreter der in der Integrationsarbeit aktiven Träger scheiden aus, wenn ihr Arbeitsverhältnis beim Träger endet. Die Nachrückerinnen werden von den Trägern benannt. Ein Träger verliert seinen Sitz, wenn an drei Sitzungen in Folge unentschuldigt kein Vertreter teilnimmt.
      Die sachkundigen Einwohner scheiden aus, wenn sie
      - ihren Hauptwohnsitz nicht mehr in Friedrichshafen haben
      - ihr Ausscheiden aus persönlichen oder beruflichen Gründen beantragen
      - an drei Sitzungen in Folge unentschuldigt fehlen
      Scheidet eine sachkundige Einwohnerin mit Migrationshintergrund aus, schlägt der Vorsitzende einen Kandidaten von der vom Gemeinderat beschlossenen Liste vor, dessen Profil am besten zur Gesamtzusammensetzung des Integrationsbeirats passt. Der Integrationsbeirat entscheidet über den Vorschlag mit einfacher Mehrheit. Im Falle einer Ablehnung wird auf weitere Kandidatinnen von der Nachrückerliste zurückgegriffen.

    7. Amtszeit
      Die Amtszeit des Integrationsbeirats ist gekoppelt an die des Gemeinderats.

    8. Geschäftsstelle
      Die Geschäftsstelle ist beim städtischen Integrationsbeauftragen, Abteilung Integration des Amtes für Soziales, Familie und Jugend angesiedelt.
      Die Geschäftsstelle erledigt die organisatorische Vor- und Nachbereitung der Sitzungen, regelt die rechtzeitige Zustellung von Einladungen und Informationen und fertigt die Niederschrift.
      Die städtische Integrationsbeauftragte unterstützt den Integrationsbeirat, indem sie auf Tagesordnungen und Vorlagen mit integrationsrelevanten Themen, die in den gemeinderätlichen Gremien der Stadt Friedrichshafen behandelt werden, hinweist. Sie informiert den Integrationsbeirat frühzeitig über Vorgänge in der Verwaltung, die integrationsrelevante Themen betreffen.

    9. Öffentlichkeitsarbeit
      Die Öffentlichkeitsarbeit des Integrationsbeirates ist mit dem Amt für Soziales,Familie und Jugend und der Pressestelle abzustimmen.

  2. Rechte und Pflichten der Mitglieder
    Die Mitglieder des Integrationsbeirates entscheiden im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien, nur durch das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung. An Verpflichtungen und Aufträge, durch die diese Freiheit beschränkt wird, sind sie nicht gebunden.

    1. Verpflichtung bei Eintritt
      Die zuständige Beigeordnete bzw. bei Verhinderung der Vorsitzende verpflichtet die Mitglieder des Integrationsbeirats in der konstituierenden Sitzung öffentlich auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Amtspflichten.
      Sollte ein Mitglied in der konstituierenden Sitzung verhindert sein, wird die Verpflichtung in der nächstmöglichen Sitzung durch die Vorsitzende nachgeholt.

      Sitzungsgeld
      Laut Gemeinderatsbeschluss vom 28.01.2019 erhalten die sachkundigen Einwohner ein Sitzungsgeld von 12,50 Euro.

    2. Teilnahme an den Sitzungen
      Die Mitglieder des Integrationsbeirates sind verpflichtet, an den Sitzungen teilzunehmen. Bei Verhinderung haben sie die Geschäftsstelle des Integrationsbeirats rechtzeitig vor der Sitzung zu verständigen.

    3. Pflicht zur Verschwiegenheit
      Die Mitglieder des Integrationsbeirates sind zur Verschwiegenheit verpflichtet über alle Angelegenheiten, deren Geheimhaltung gesetzlich vorgeschrieben oder ihrer Natur nach erforderlich ist. Über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten sind sie solange zur Verschwiegenheit verpflichtet, bis die Vorsitzende sie von der Schweigepflicht entbindet oder die betreffenden Beschlüsse in der nächsten öffentlichen Sitzung bekanntgegeben worden sind.

    4. Ausschluss wegen Befangenheit
      Bringt eine Entscheidung einem Mitglied des Integrationsbeirates ihm selbst oder seinem Arbeitgeber einen unmittelbar persönlichen Vorteil oder Nachteil, darf es weder beratend noch entscheidend bei diesem Tagesordnungspunkt mitwirken. Die Bestimmungen des § 18 GemO gelten entsprechend.

  3. Sitzungen

    1. Öffentlichkeit
      Die Sitzungen des Integrationsbeirates sind öffentlich. Nichtöffentlich darf nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen einzelner erfordern.
      Zu den öffentlichen Sitzungen des Integrationsbeirates haben interessierte Personen Zutritt, soweit es die Raumverhältnisse gestatten.
      Der Beirat kann anstelle von Sitzungen auch nichtöffentliche Klausurtagungen durchführen.

    2. Einberufung
      Der Integrationsbeirat tagt drei bis vier Mal im Jahr. Die Sitzungstermine werden am Ende eines Kalenderjahres für das darauf folgende Jahr bekannt gegeben.
      Der Integrationsbeirat wird vom Leiter des Amtes für Soziales, Familie und Jugend schriftlich per E-Mail unter Angabe der Tagesordnung eingeladen. Die Einladungsfrist beträgt eine Woche. Mit der Einladung werden alle für die Sitzung relevanten Unterlagen versandt.
      Die Sitzungstermine sowie die öffentlichen Tagesordnungspunkte werden rechtzeitig in der örtlichen Presse sowie auf der Internetseite der Stadtverwaltung Friedrichshafen bekannt gegeben.
      Eine zusätzliche Sitzung ist einzuberufen, wenn die Mitglieder dies mehrheitlich beschließen.
      In Notfällen kann der Integrationsbeirat ohne Frist formlos unter Angabe der Verhandlungsgegenstände vom Vorsitzenden einberufen werden.

    3. Tagesordnung
      Die Tagesordnung wird von der Geschäftsstelle erstellt. Mitglieder des Integrationsbeirats können Vorschläge für Tagesordnungspunkte bis zu zwei Wochen vor der jeweiligen Sitzung bei der Geschäftsstelle einreichen.

    4. Beschlussfähigkeit, Beschlussfassung
      Die Beschlussfähigkeit des Integrationsbeirats ist mit 50 Prozent der Sitze plus eins erreicht.
      Beschlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst. Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt. Stimmenthaltungen werden bei der Ermittlung der Mehrheit nicht berücksichtigt.
      Die Abstimmung erfolgt per Handzeichen. Der Integrationsbeirat kann auf Antrag beschließen, dass ausnahmsweise geheim mit Stimmzetteln abgestimmt wird. Wahlen werden mit Stimmzetteln vorgenommen. Es kann offen gewählt werden, wenn kein Mitglied widerspricht.

  4. Niederschrift

    1. Führung der Niederschrift
      Über jede Sitzung ist durch die Geschäftsstelle eine Niederschrift in Form eines Ergebnisprotokolls zu fertigen.

    2. Inhalt der Niederschrift
      In die Niederschrift sind aufzunehmen:
      - Name der Sitzungsleitung
      - Namen der anwesenden und abwesenden Mitglieder des Integrationsbeirats
      - falls zutreffend Namen der im Einzelfall wegen Befangenheit ausgeschlossenen Mitglieder
      - falls zutreffend, Namen der eingeladenen Gäste
      - Ort, Tag, Beginn und Ende der Sitzung
      - Gegenstände der Verhandlung, gefasste Beschlüsse und Empfehlungen sowie Abstimmungs- und Wahlergebnisse
      Die Vorsitzende und jedes Mitglied können jederzeit verlangen, dass ihre Stellungnahme zum Beratungsgegenstand, ihre Abstimmung oder die Begründung ihrer Abstimmung in der Niederschrift festgehalten werden.

    3. Bekanntgabe der Niederschrift
      Die Niederschrift wird von der Geschäftsstelle per Mail an die Mitglieder des Integrationsbeirats versendet. Die Oberbürgermeisterin und der zuständige Beigeordnete erhalten eine Mehrfertigung der Niederschrift, ebenso wie geladene Gäste.

  5. Ergänzende Vorschriften, Auslegung
    Soweit diese Geschäftsordnung Lücken aufweisen sollte, ist die Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Stadt Friedrichshafen, insbesondere § 34, das Partizipations- und Integrationsgesetz sowie die Gemeindeordnung Baden-Württemberg heranzuziehen.

  6. Inkrafttreten
    Die Geschäftsordnung des Integrationsbeirats tritt mit Beschlussfassung des Integrationsbeirats in Kraft. Auf Antrag einer Zweidrittelmehrheit aller Mitglieder des Integrationsbeirats ist eine Änderung möglich.