Förderrichtlinien Obstwiesenprogramm

Häfler Obstwiesenprogramm

Richtlinie zur Förderung der biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft im Stadtgebiet Friedrichshafen

Stadt Friedrichshafen
Amt für Stadtplanung und Umwelt,
Abteilung Landschaftsplanung und Umwelt
Riedleparkstraße 1, 88045 Friedrichshafen,
Tel. 07541 203-4651, umwelt@friedrichshafen.de

1. Gegenstand der Förderung

A. Pflege von Obsthochstämmen

A.1 Gegenstand der Förderung

Die Förderung umfasst die fachgerechte Sanierung (Erstpflege) von Obsthochstämmen sowie die Folgepflege. Im Rahmen der Folgepflege sind Jungbäume ab dem 2. Standjahr förderfähig. Obsthochstämme im Sinne dieser Richtlinie sind hochstämmige, landschaftsprägende, robuste und ortstypische Obstbäume mit mehr als 1,80 m Stammhöhe.

A.2 Form und Höhe der Zuwendung

(1) Die Zuwendung wird als Geldleistung oder Übernahme der entsprechenden Pflegekosten gewährt.

(2)  Die Höhe der Pflegesätze ist je nach Kronendurchmesser und Baumhöhe gestaffelt (D = Durchmesser, H = Höhe): 

Sanierung (Erstpflege) von Obsthochstämmen 

  • kleiner Obstbaum (bis 5 m H, bis 5 m D):  35 EUR
  • mittelgroßer Obstbaum (5-8 m H, 5-8 m D): 50 EUR
  • großer Obstbaum (8-10 m H, 8-10 m D): 80 EUR
  • sehr großer Obstbaum (über 10 m H, über 10 m D): 100-200 EUR   (Abstimmung vor Ort, Einzelbaumentscheidung) 

Regelpflege (Folgepflege) von Obsthochstämmen
(bei Jungbäumen ab dem 2. Standjahr jährlich bis zum 10. Standjahr, bei älteren Bäumen alle drei Jahre)

  • junger Obstbaum (bis 5 m H, bis 5 m D) (vom 2. bis 10. Standjahr): 15 EUR
  • kleiner Obstbaum (bis 5 m H, bis 5 m D): 20 EUR
  • mittelgroßer Obstbaum (5-8 m H, 5-8 m D): 25 EUR
  • großer Obstbaum (8-10 m H, 8-10 m D): 40 EUR
  • sehr großer Obstbaum (über 10 m H, über 10 m D): 50-100 EUR (Abstimmung vor Ort, Einzelbaumentscheidung)

Erläuterung: D = Durchmesser, H = Höhe

(4) Die Abstimmung und Endauswahl der Bäume erfolgt nach der Antragsstellung direkt auf dem Maßnahmengrundstück bei einem Ortstermin zwischen Antragstellenden und Umweltabteilung.

(5) Maßgeblich für die Berechnung des Auszahlungsbetrags sind die tatsächlich fachgerecht gepflegten und abgenommenen Bäume. Der Auszahlungsbetrag darf den bewilligten Zuwendungsbetrag nicht übersteigen. 

B Pflanzung von Obsthochstämmen

B.1 Gegenstand der Förderung

Gefördert wird die Neu- und Nachpflanzung von Obsthochstämmen (Apfel-, Birn-, Kirsch-, Zwetschgen- und Walnussbäumen, in Einzelfällen auch weiteren Obstsorten und Wildobstbäumen) in Obstwiesen und als Obstbaumreihen sowie das für die Pflanzung notwendige Material. Die Auswahl der im Rahmen dieser Förderung erhältlichen Sorten ist im Regelfall auf die im Antrag aufgeführten Sorten beschränkt.

Förderfähig sind ausschließlich Pflanzungen im Gemeindegebiet der Stadt Friedrichshafen, die nach Abstimmung mit der Abteilung Landschaftsplanung und Umwelt der Stadt Friedrichshafen in der freien Landschaft (Außenbereich) oder auf überwiegend landwirtschaftlich genutzten Grünflächen im Ortsrandbereich durchgeführt werden. Hausgärten sind von der Förderung ausgenommen. Die Zukunftsfähigkeit der Pflanzung muss gewährleistet sein, die Jungbäume müssen fachgerecht gepflegt werden und planungsrechtlich dürfen keine wichtigen Gründe entgegenstehen (Abstandsregelungen, geplante Straßen, Bebauungsplan, Pflanzverpflichtungen rechtlicher Art).

Die Pflanzung muss sorgfältig und fachgerecht erfolgen. Der Pflanzabstand sollte im Regelfall in der Reihe und zwischen den Reihen 12-20 m betragen. Die fachgerechte Pflanzung sollte unmittelbar nach Lieferung der Pflanzen bis spätestens 4 Tage danach erfolgen. In diesem Zeitraum müssen die Wurzeln abgedeckt und feucht gehalten werden. Die Pflanzung umfasst den Aushub eines 80 x 80 x 60 cm großen Pflanzlochs, den Einbau des Wühlmauskorbs, der Baumbefestigung, des Schutzes vor Wild- und Viehverbiss sowie das sorgfältige Einschlämmen/ Angießen der Jungbäume mit mindestens 40 l Wasser pro Baum und den Pflanzschnitt.

Die fachgerechte Pflege des Jungbaums umfasst das Nachrichten der Verankerungen und des Baumschutzes, eine jährliche organische Düngung, idealerweise mit Festmist auf einer von Unterwuchs befreiten, gehackten Baumscheibe sowie den fachgerechten jährlichen Obstbaumschnitt.

B.2 Form und Höhe der Zuwendung

(1) Die Zuwendung wird als Sachleistung in Form von Jungbäumen oder Geldleistung für die Beschaffung von Jungbäumen gewährt.

(2) Die Übergabe der Jungbäume erfolgt standardmäßig inkl. zweier Pflöcke, Anbindematerial, Wühlmauskorb und Verbissschutz durch die Stadt Friedrichshafen. Zusätzlich benötigtes Material, z.B. bei beweideten Flächen, kann im Antrag vermerkt werden.

(3) Die Jungbäume werden in mehrjähriger Pflanzqualität mit Astansatz in ca. 180 cm Höhe ausgegeben.

(4) Die Höchstförderung liegt bei 15 Bäumen/Jahr/Hektar. 

Extensive Pflege von Grünlandunterwuchs

C.1 Gegenstand der Förderung

Gefördert wird die extensive Grünlandpflege unter und zwischen den Bäumen einer Hochstamm-Obstwiese. Obsthochstämme im Sinne dieser Richtlinie sind hochstämmige, landschaftsprägende, robuste und ortstypische Obstbäume mit mehr als 1,80 m Stammhöhe. Bei einer extensiven Grünlandnutzung bzw. –pflege unter Obsthochstämmen handelt es sich um eine maximal 3-schürige Mahd unter Aufnahme und Verwertung des Mahdguts oder alternativ eine Beweidung mit einer Besatzdichte von max. 1,4 RGV/Hektar.

Sollte eine Mahd mit Aufnahme des Mahdguts auf Grund fehlender Gerätschaften nicht möglich sein, ist auch eine gestaffelte Mulchmahd in folgender Weise möglich:

  • 20 – 40 % sind max. zweimal im Jahr zu mulchen (Ende Juni und Ende August)
  • 20 – 40 % sind max. einmal im Jahr zu mulchen (Ende August)
  • 20 – 40 % der Fläche, insbesondere entlang der Baumstämme und unter den Baumkronen können häufiger (4- bis max. 6-mal) gemulcht werden.
  • Die Baumscheiben von Jungbäumen sind zudem offen zu halten.
  • Ein abschließender Mulchgang auf der Gesamtfläche im Oktober/November ist möglich.

Sofern das Mahdgut aufgenommen wird, kann das unterwüchsige Grünland auch zweischürig mit ergänzendem Mulchschnitt unter den Baumkronen vor der Obsternte und einem abschließenden Reinigungsschnitt im Spätherbst bewirtschaftet werden. Dies gilt auch bei einer Kombination aus Heumahd und Beweidung. 

In allen Fällen sind weder mineralische Stickstoffdünger noch Pflanzenschutzmittel zulässig. Die organische Düngung beschränkt sich auf die Ausbringung der Menge an Wirtschaftsdünger, die maximal dem Dunganfall eines Gesamtviehbesatzes von 1,4 RGV/ha entspricht.

Die Förderung der extensiven Pflege des Grünlandunterwuchses ist zweistufig aufgebaut. 

  • Stufe 1: beinhaltet die extensive Pflege des Unterwuchses.
  • Stufe 2: honoriert das Vorkommen von blühenden Kennarten des artenreichen Grünlands unter den nach dieser Richtlinie gepflegten Hochstamm-Obstbeständen. 

Diese Kennarten sind der Kennartenliste des Extensivgrünlands im Raum Friedrichshafen im Anhang zu entnehmen. Beim Vorkommen von mind. 4 dieser Kennarten mit einem Deckungsanteil von zusammen mind. 10 % wird der Zuschuss nach Stufe 2 gewährt. Kommen diese Arten als Ergebnis der Pflegearbeiten oder unterstützende Aufwertungsmaßnahmen, z.B. Nachsaaten, neu in den bezuschussten Flächen vor, wird die erhöhte Förderung ab der nächsten Zuschussperiode gewährt.

C.2 Form und Höhe der Zuwendung

(1) Die Zuwendung wird als Geldleistung gewährt. Die Bewilligung gilt für drei Jahre mit jährlicher Abrechnung. 

(2)  Die Förderung der Grünlandpflege ist an einen Mindestbestand von 15 Hochstämmen pro Hektar gekoppelt, wobei auch im Rahmen dieses Programms geförderte Neu- oder Nachpflanzungen angerechnet werden.

(3) Die extensive Grünlandpflege wird auf minimal 0,5 bis maximal 4,5 Hektar pro Antragstellendem pro Jahr gefördert. Der Basisfördersatz beträgt 
400 EUR/ha/Jahr. Bei Vorkommen von mindestens 4 Kennarten des 
Extensivgrünlandes des Friedrichshafener Raumes wird ein Zuschlag von 50 % gewährt und beträgt 600 EUR/ha/Jahr. Die Kennarten sind in der Anlage zur Förderrichtlinie aufgeführt. 

(4) Die Höchstförderung liegt bei 1.800 EUR pro Antragstellendem und Jahr.

D. Sonstige Maßnahmen zur Erhaltung/ Entwicklung von hochstämmigen Obstwiesen und ihrer 
biologischen Vielfalt 

D.1 Gegenstand der Förderung

Gefördert werden sonstige Maßnahmen, die über die Punkte A bis C hinaus der Erhaltung von hochstämmigen Obstwiesen und derer biologischen Vielfalt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen dienen. Maßnahmen zur Förderung der biologischen Vielfalt können sein: 

  • Die Anlage von mehrjährigen Blühstreifen, Hecken, Kleingewässern oder Kleinbiotopen (Insektenhotels und Asthaufen);
  • die Erhaltung alter Kultursorten oder Projekte im Bereich solidarischer Landwirtschaft;
  • Maßnahmen zur lokalen Vermarktung eigener Obstwiesenprodukte, wie z.B. die Kosten für die Bio-Zertifizierung gemäß Öko-Verordnung;
  • bürgerschaftliche Projekte;
  • Schnittkurse und die Ausbildung zum Obstfachwart;
  • Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, die den Zielen dieser Richtlinie dienen.

Voraussetzung für die Förderung von Schnittkursen und der Ausbildung zum Obstfachwart ist, dass Teilnehmende das Gelernte auf eigenen oder gepachteten Obstwiesen im Stadtgebiet Friedrichshafen anwenden können oder für die Pflege von Obsthochstämmen Dritter zur Verfügung stehen. Eine Bezuschussung oder Honorierung dieser Dienstleistungen in Form einer Ehrenamtsentschädigung oder nach den Fördersätzen dieser Richtlinie ist davon unbenommen.

D.2 Form und Höhe der Zuwendung

Die Förderhöchstsumme pro Jahr und Antragsstellendem beträgt 2.000 EUR. 

Es werden entweder die Arbeitsleistung für die Maßnahmen (15 EUR/h) oder die Sachkosten (z.B. für Saatgut) gefördert. Alternativ können die benötigten Materialien, z.B. Saatgut, Pflanzen oder Nistkästen, auch seitens der Stadt zur Verfügung gestellt werden.

2. Empfängerinnen und Empfänger der Zuwendung

(1) Landwirte, Vereine, bürgerschaftliche Initiativen und sonstige Privatpersonen.

(2) Juristische Personen des öffentlichen Rechts.

(3) Der Empfänger oder die Empfängerin muss nicht im Eigentum der Grundstücke sein, auf denen die Obsthochstämme gepflanzt oder gepflegt werden. Die Obsthochstämme müssen auf dem Gemeindegebiet Friedrichshafen stehen.

3. Allgemeine Zuwendungsbestimmungen

(1) Zuwendungen nach dieser Richtlinie werden nur auf schriftlichen Antrag gewährt. Für die Antragsstellung ist der bestehende Vordruck zu verwenden. Dieser ist unter www.obstwiesen.friedrichshafen.de zu finden oder kann in der Abteilung Landschaftsplanung und Umwelt der Stadt Friedrichshafen erfragt werden. 

(2) Zuwendungen werden nur im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gewährt. Ein Anspruch des Antragstellenden auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Reichen die verfügbaren Fördermittel nicht aus, um alle Antragstellenden angemessen berücksichtigen zu können, so erfolgt die Vergabe der Mittel nach Eingang der Anträge.

(3) Die Vergabe der Zuwendung kann an individuelle Nebenbestimmungen und zeitliche Ausführungen gekoppelt sein. Diese liegen der Zuwendungsbewilligung bei und sind für den Erhalt einer Zuwendung zu befolgen.

(4) Anstelle der Auszahlung von Pflegezuschüssen können die beantragten Pflegemaßnahmen auch seitens der Stadt Friedrichshafen an einen Dienstleistenden bis zur Höhe der bewilligbaren Zuschüsse vergeben werden.

(5) Soweit Zuwendungsempfänger oder -empfängerin nicht Eigentümer oder Eigentümerinnen oder Pächter oder Pächterinnen der Grundstücke sind, auf denen die Pflanzung oder Pflege von Obsthochstämmen erfolgen soll, ist eine schriftliche Einverständniserklärung der Eigentümerin oder des Eigentümers vorzulegen.

(6) Über die Bewilligung von Zuwendungen nach dieser Richtlinie entscheidet die Stadt Friedrichshafen.

(7) Maßnahmen nach Ziffer 1.1 im Sinne der Richtlinie sind mit der Abteilung Landschaftsplanung und Umwelt vor Ort abzustimmen und werden nach der Umsetzung vor der Abrechnung abgenommen. 

(8) In besonderen ökologischen oder mit öffentlichem Interesse begründeten Einzelfällen kann von der Förderhöchstgrenze bzw. der Höhe der Zuwendung abgewichen werden.

(9) Obstbaumpflanzungen bzw. Obstbaumpflegearbeiten, die aufgrund von bau- oder naturschutzrechtlichen Auflagen durchzuführen sind, sind von der Förderung ausgenommen.

(10) Der Antragstellende verpflichtet sich, die mit dieser Zuwendung gepflegten Obstbäume mindestens für einen Zeitraum von 5 Jahren zu erhalten (Erhaltungspflicht) und die durch diese Zuwendung geförderten Jungbäume gemäß den Angaben unter Punkt B zu pflegen

(11) Bei der Pflege sind die ökologischen Belange zu berücksichtigen. Insbesondere soll ein angemessener Höhlen- und Totholzanteil an einzelnen Bäumen belassen werden (Artenschutz).

(12) Kommt der Zuwendungsempfänger oder die -empfängerin den sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen nicht nach, kann die Stadt Friedrichshafen die Zuwendung ganz oder teilweise zurückfordern.

(13) Die Weiterveräußerung der aufgrund dieser Richtlinie geförderten Bäume und Sachleistungen an Dritte ist nicht erlaubt. 

(14) Die Förderung der extensiven Grünlandpflege ist an die Pflege der Obsthochstämme gekoppelt, insofern, als dass die Grünlandpflege nur gefördert wird, wenn auch die Obsthochstämme regelmäßig gepflegt werden.

(15) Die Förderung im Rahmen des Programms schließt eine zusätzliche Förderung durch die Streuobstförderung des Kreises und des Landes sowie der Grünlandpflege durch die Landschaftspflegerichtlinie des Bodenseekreises aus.

4. Verfahren

(1) Die Stadt Friedrichshafen erfasst alle Anträge nach Eingang (Poststempel oder E-Mail-Eingang) und prüft diese auf Eignung zur Erhaltung/ Entwicklung von Obstwiesen und derer biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft im Stadtgebiet Friedrichshafen.

(2) Die Stadt Friedrichshafen bewilligt die einzelnen Maßnahmen nach Maßgabe der Richtlinie (Bewilligungsbescheid).

(3) Erst mit einem positiven Bewilligungsbescheid darf mit den Maßnahmen begonnen werden. 

(4) Die Auszahlung/Teilauszahlung des Zuschusses erfolgt, wenn die Maßnahme umgesetzt ist. Der Antragstellende teilt den Abschluss der Maßnahmen mit und legt bei Bedarf die zugehörigen Nachweise vor. Nach Abnahme der Maßnahmen vor Ort werden die Zuschüsse ausbezahlt.

5. Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am 01.01.2025 in Kraft. 

Anlage:  Kennartenliste des Extensivgrünlands im Raum Friedrichshafen