Dr. Christa Tholander verstorben

Trauer um Dr. Christa Tholander: Die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes am Bande und promovierte Historikerin ist am 17. Dezember 2024 im Alter von 87 Jahren verstorben. 2005 wurde sie mit dem städtischen Ehrenbrief ausgezeichnet.
Dr. Christa Tholander
Dr. Christa Tholander

Seit 1961 lebte Christa Tholander in Friedrichshafen. Sie war stets wissbegierig, weshalb sie im Alter von 52 Jahren ihr Abitur nachholte und dann Geschichte und Anglistik in Konstanz studierte. 1996 beendete sie ihr Magisterstudium mit der Magisterarbeit „Fremdarbeiter: ausländische Arbeitskräfte in Friedrichshafen von 1939 – 1945“. Im Jahr 2000 veröffentlichte sie die für die Stadt Friedrichshafen wichtige Dissertation „Fremdarbeiter 1939 bis 1945 – Ausländische Arbeitskräfte in der Zeppelin-Stadt Friedrichshafen“. 

Christa Tholander arbeitete mit großem persönlichem Einsatz und setzte sich für die Versöhnung ein. Sie organisierte Besuche mit Zwangsarbeitern und vermittelte zwischen den Friedrichshafener Großbetrieben des ehemaligen Zeppelin-Konzerns und den dort eingesetzten Zwangsarbeitern. Aus ihrer wissenschaftlichen Beschäftigung mit den Schicksalen dieser Menschen wurden Freundschaften und Bekanntschaften, die sie bis zuletzt pflegte. Christa Tholander engagierte sich dafür, dass Vorurteile abgebaut wurden und bemühte sich um Ausgleich und Versöhnung. 

Das Stadtarchiv Friedrichshafen kann durch die Forschungen von Christa Tholander auf fundierte Erkenntnisse über die nationalsozialistische Zeit in Friedrichshafen zurückgreifen. Gemeinsam mit dem Stadtarchiv arbeitete sie die Geschichte des Ehrenfeldes auf dem Hauptfriedhof in Friedrichshafen auf. Dadurch konnte den Toten nicht nur ein Ort, es konnten nun auch ihre Namen zugeordnet werden. Für ihr besonderes Engagement wurde Christa Tholander am 16. Januar 2005 der Ehrenbrief der Stadt Friedrichshafen verliehen.

Dank Christa Tholander kann das Schulmuseum Friedrichshafen im Themenraum „Nationalsozialismus“ auch auf die Schicksale von Fremdarbeiterkindern während des Zweiten Weltkrieges hinweisen. Sie hatte seinerzeit für diesen Raum eine Vitrine mit Originaldokumenten ausgestattet. 2023 stellte sie dem Schulmuseum weitere Unterlagen und Informationen zu Kinderschicksalen in dieser Zeit zur Verfügung, um diese für eine Neukonzeption gegebenenfalls zu verwenden. Sie war dem Schulmuseum stets sehr verbunden und immer wieder bei Veranstaltungen präsent.  

2006 wurde sie mit dem Oranier-Orden, einem Verdienstorden der Niederlande, für das Bewahren der Zwangsarbeiter-Erinnerungen ausgezeichnet. Sie war Mitglied im Verein „Dokumentationsstätte Goldbacher Stollen und KZ Aufkirch in Überlingen“. Zusammen mit ihrem Mann arbeitete sie für das Dornier Museum die Geschichte der Zwangsarbeiter bei Dornier auf und trug Hördokumente von Zeitzeugen zusammen, die Teil der Dauerausstellung des Dornier Museums sind. 

2021 wurde Christa Tholander im Namen des Bundespräsidenten mit dem Verdienstkreuz am Bande, dem Bundesverdienstkreuz, ausgezeichnet.

„Sowohl für das Geschichtsgedächtnis unserer Stadt als auch für die Versöhnungsarbeit war und ist das Engagement von Christa Tholander von unschätzbarem Wert. Sie trug in erheblichem Maße zur Aufarbeitung der NS-Geschichte in unserer Stadt bei und ermöglichte und förderte die Begegnung von Menschen aus einst verfeindeten Nationen“, würdigt sie Oberbürgermeister Simon Blümcke. „Christa Tholander hatte einen langen Atem, war hartnäckig und zeigte einen unbedingten Willen, aufklärerisch tätig zu sein. So hat sie ein einzigartiges und beeindruckendes Lebenswerk geschaffen. Die Stadt Friedrichshafen trauert mit ihrer Familie um eine bemerkenswerte Persönlichkeit und engagierten, liebenswerten Menschen“, so der Oberbürgermeister.